Wochenbett und Rückbildung

Verfasst von Beate Url und Clara Edler

Was bedeutet Wochenbett und Rückbildung?

Im Wochenbett kommt es zu folgenden Veränderungen:

  • Die Rückbildung der Gebärmutter und der Mutterbänder beginnt – dies kann in Summe bis zu einem Jahr dauern und ist nach dem Wochenbett nicht abgeschlossen!
  • Wiederherstellung und Aufbau der Spannung des Beckenbodens und des Rumpfbereichs (Rumpfkapsel)
  • Einschießen der Milch
  • Hormonelle Veränderungen

Wie verläuft das Wochenbett?

Das Wochenbett wird in Frühwochenbett und Spätwochenbett unterteilt.

Als Frühwochenbett werden etwa die ersten 14 Tage nach der Geburt bezeichnet. Hier stehen vor allem viel Ruhe und Regeneration sowie das Kennenlernen des eigenen Babys im Vordergrund (Bonding). Unterstützend werden hier folgende Maßnahmen empfohlen:

  • Die Lagerung in der Bauchlage für einen verbesserten Abfluss des Wochenflusses (Lochienfluss)
  • Das Vermeiden körperlicher Belastungen (max. das Gewicht des eigenen Babys)
  • Die Wahrnehmung des Beckenbodens
  • Haltungsschulung

Im Spätwochenbett kann langsam mit der aktiven Rückbildung begonnen werden, welche langsam von der Wahrnehmung zum Training gesteigert wird. Ziel der Rückbildung ist es, die ursprüngliche Spannung im Beckenboden sowie der Rumpfkapsel wiederherzustellen.

Wie erfolgt eine zielgerichtete Rückbildung?

Prinzipiell gilt, dass eine professionell begleitete Rückbildung für alle Frauen sinnvoll und wichtig ist. Dabei muss auf individuelle Situationen genau eingegangen werden.

Waren Schwangerschaft und Geburt komplikationslos, besteht kein Senkungsgefühl, kein Harn- oder Stuhlverlust sowie keine Geburtsverletzungen, dann kann in einer Rückbildungsgruppe oder mit Informationsmaterial aus dem Krankenhaus bzw. der Hebamme bzw. des/der Physiotherapeut*in selbstständig an der Rückbildung geübt werden.

Wenn bereits während der Schwangerschaft Harnverlust oder Stuhlverlust ein Thema war bzw. nach der Geburt besteht, ist eine kurze therapeutische Konsultation sinnvoll. Wenn eine Organsenkung diagnostiziert wurde oder eine Geburtsverletzung auftrat, wird ebenfalls ein kurzes erheben des Ist-Zustandes durch eine/n qualifizierte/n Therapeut*in empfohlen. Diese hilft Ihnen mithilfe individueller Anamnese und therapeutischer Befundung, die gezielte Rückbildungsform für Sie zu finden und begleitet Sie auch gerne dabei!

Bei der Rückbildung muss unterschieden werden, ob eine vaginale Geburt oder ein Kaiserschnitt (Sectio) vorangegangen ist.

Wichtig zu wissen ist, dass nach einer Schwangerschaft, die allgemeine Muskelspannung im Rumpfbereich nachweislich verringert ist. Die Auslöser sind wenig Schlaf, Hormonumstellung, Veränderung der Körperhaltung, ungünstige Stillposition, …

Wie erfolgt eine physiotherapeutische- bzw. osteopathische Behandlung?

In der Einzeltherapie werden neben einer genauen Befundung unter anderem folgende Maßnahmen gesetzt:

  • Narbenbehandlung:

    Damit eine Narbe besser und schneller verheilt bzw. wenn sie Schmerzen bereitet, sollte sie unbedingt behandelt werden. Es kann sowohl die Kaiserschnittnarbe als auch Narben im Bereich des Dammes bzw. der Vulva/Vagina behandelt werden.

  • Eine genaue Befundung des Beckenbodens durch einen Tastbefund ermöglicht das Erstellen eines gezielten Übungsprogrammes. Auch in der Therapie kann bereits unter genauer Anleitung und Kontrolle individuell an der Spannung des Beckenbodens geübt werden. Dabei sind Wahrnehmung und Kräftigung des Beckenbodens und der Rumpfkapsel wichtig.

  • Das Zusammenspiel zwischen Organen und Bewegungsapparat nimmt in der Rückbildungszeit, einen wichtigen Stellenwert ein. Durch die Veränderungen während der Schwangerschaft und Geburt kann es zu Funktionsstörungen kommen, die durch diese spezielle Therapietechnik behandelt werden kann.

Was ist eine Rectusdiastase?

Während der Schwangerschaft kommt es zu einer extremen Dehnung der Rumpfwand. Hier ist vor allem der gerade Bauchmuskel (M. Rectus Abdominis) betroffen. Aufgrund des Bauchwachstums kann es zu einer Überdehnung des Bindegewebes in der Mitte der Muskulatur kommen. Die Folge ist, dass die gesamte Rumpfmuskulatur nicht mehr optimal zusammenarbeitet und somit die Stabilität des Körperkorsetts nicht gegeben ist. Ob eine Rectus Diastase besteht, können Therapeut*innen im Rahmen der Befundung feststellen und entsprechende Maßnahmen setzen.

Was sind mögliche Folgen einer versäumten Rückbildung?

Eine versäumte Rückbildung kann vielfältige Folgen haben und unterschiedliche Auswirkungen auch in späteren Jahren verursachen. Einige Beispiele sind Organsenkungen, unterschiedlichste Inkontinenzformen (Stuhlinkontinenz, unkontrollierte Winde oder Harnverlust), Rückenbeschwerden, Instabilitäten im Bereich des Beckens oder der Hüftgelenke.

Welche weiteren Behandlungsoptionen gibt es?

Es gibt viele verschiedene Hilfsmittel, aber nicht jedes Hilfsmittel ist für jede Frau geeignet. Bitte sprechen Sie vorab mit Ihrer/Ihrem Gynäkolog:in oder Therapeut:in! Hier einige Beispiele:

  • Elvie: Dies ist ein kleines Biofeedbackgerät, welches vaginal eingeführt und mit dem Handy verbunden wird. Mittels visueller Unterstützung und Lagesensoren wird der Beckenboden gezielt und diskret gekräftigt und man kann seine Trainingserfolge abrufen. https://welovepinkplanet.com/empfehlungen/elvie/
  • Konen: Sie sind unterschiedlichen Gewichts, die beginnend mit dem leichtesten vaginal eingeführt werden und durch das Halten dieses Gewichts den Beckenboden stärken.
  • Pessare: Werden meist von der Gynäkolog*in angepasst und bei Senkungen eingesetzt, um Gebärmutter oder Blase an ihrem Platz zu halten.
  • Elektrotherapie: Dient zur Wahrnehmung und Kräftigung des Beckenbodens, indem Elektronen vaginal eingeführt werden und mit einem externen Gerät verbunden sind.
  • Biofeedback: Über Sensoren wird die Spannung im Beckenboden visualisiert und dient der Kräftigung.
  • Liebeskugeln / Jade Ei / Smartball Uno: Diese werden vaginal eingeführt und durch das Halten wird der Beckenboden gekräftigt.

Wann kann nach einer Geburt wieder mit Sport begonnen werden?

Dies ist ein wichtiges Thema, welches nicht pauschal beurteilt werden kann! Eines ist jedoch für alle gleich, die Sportfreigabe von der/dem Gynäkolog*in nach der Geburt bedeutet nicht, dass die Rückbildung abgeschlossen ist! Im Gegenteil, wer wieder mit Laufen oder Krafttraining im Fitnessstudio starten möchte, muss sich umso mehr mit der Wahrnehmung und Aktivierung der Körpermitte befassen. Je umfangreicher und intensiver die sportlichen Ziele sind, desto intensiver muss auch an der Rückbildung und Aktivierung der Rumpfkapsel sowie des Beckenbodens mit professioneller Unterstützung gearbeitet werden.

Welche Risikofaktoren begünstigen Beckenbodenschäden nach einer Geburt?²

  • weniger als 3 Monate Sportpause nach einer Geburt
  • vorbestehende Inkontinenz während der Schwangerschaft
  • sehr weiches Bindegewebe / Hypermobilität der Gelenke
  • Schmerzen im Bereich des Kreuzbein-Steißbein Gelenks oder des unteren Rückens
  • Postnatale Depression, wenig Schlaf, Stress oder ähnliche Faktoren

Sie haben es in der Hand – unsere effektivste Übung für Sie:

  • Wahrnehmung des Beckenbodens über die Atmung

    Rückenlage, Beine aufgestellt:

    Atmen Sie ruhig und tief in den Bauch ein und wieder aus. Wichtig: In den Körper hineinspüren und Zeit lassen!

    Bei der Einatmung senkt sich der Beckenboden ab, bei der Ausatmung geht er mit nach oben Richtung Herz Versuchen Sie mit den Händen die Bauchbewegung und die Beckenboden Bewegungen zu ertasten. Wenn Sie den Beckenboden gut spüren, können Sie die Ausgangsstellung variieren, indem Sie die gleiche Übung mit gestreckten Beinen, in der Seiten- oder der Bauchlage durchführen. Als weitere Steigerung können Sie versuchen, in Kombination mit der Ausatmung, sanft den Beckenboden mit anzuspannen.

Ernährung im Wochenbett

Nach der Geburt eines Babys befindet sich der Körper in einer Ausnahmesituation. Der Nährstoffbedarf ist erhöht und manche Mütter müssen auch mit Verletzungen wie einem Dammriss oder Heilung einer Kaiserschnittnarbe zurechtkommen. Mit der richtigen Ernährung können Sie Ihren Körper optimal unterstützen. Machen sie bitte keine Diäten, denn sie brauchen jetzt deutlich mehr Nährstoffe als vor der Schwangerschaft, besonders wenn sie ihr Baby stillen.

Ernähren Sie sich ballaststoffreich, besonders dann, wenn Sie einen Dammriss erlitten haben. Denn Ballaststoffe weichen den Stuhl auf, sodass Sie weniger Schmerzen beim Stuhlgang haben. Besonders ballaststoffreich sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und fast alle Obst- und Gemüsesorten. Zusätzlich könne sie auch mit Präparaten aus der Apotheke arbeiten, die lösliche Ballaststoffe enthalten.

Lassen sie ihre Eisenwerte überprüfen. Denken sie daran, hochwertiges Fleisch in ihren Speiseplan zu integrieren. Falls Sie sich vegetarisch oder vegan ernähren, essen Sie stattdessen andere eisenreiche Lebensmittel wie Kürbiskerne, Leinsamen, Linsen, Pistazien, Haferflocken oder Spinat.

Einige Mütter haben in der ersten Zeit nach der Geburt Probleme mit dem Darm, zum Beispiel Blähungen und Verstopfung. Essen Sie deshalb leicht verdauliche, überwiegend fettarme Speisen und trinken Sie 2 – 3 Liter Wasser und Tee pro Tag.

Die Aufnahme von viel Flüssigkeit kompensiert auch den Blutverlust und unterstützt die Milchproduktion.

Damit sich das Gewebe optimal regenerieren kann, braucht Ihr Körper essentielle Fettsäuren. Es ist zum Beispiel in Oliven-, Lein- und Rapsöl zu finden, ebenso wie in Linsen, Forellen, Lachs oder Walnüssen. Es gibt auch die Annahme, dass Frauen, die genügend essentielle Fettsäuren zu sich nehmen, seltener an Wochenbettdepressionen leiden.

Folgende Tipps können ihnen das Leben in den ersten Wochen mit Baby ebenfalls erleichtern:

  • Essen vorkochen und einfrieren.
  • Ballaststoffreiche Snacks regen die Verdauung und die Milchproduktion an à Vollkornprodukte, Trockenobst, Nüsse, gekochte Eier, Milchreis und Obst sind gesunde und schnelle Snacks und regen eine intakte Magen-Darmflora und die Milchproduktion an. Im Internet finden sie viele Rezepte für Stillkugeln.
  • Essen bestellen und Einkäufe liefern lassen.
  • Vorrat an guten Fertigprodukten anlegen à Auch, wenn sie ansonsten lieber frisch und selbst kochen, Fertigprodukte aus der Tiefkühltruhe und aus der Dose (natürlich ohne Konservierungsstoffe, künstliche Aromen oder andere Zusätze) sind völlig ok.
  • Von Familie und Freunden selbstgekochtes oder Hilfe im Haushalt statt der üblichen Geburtspräsente wünschen.

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Quellen:

1 Die Wöchnerin – Empfehlungen aus dem Fachbereich der Physiotherapie (2019; Siller, Gödl-Purrer, Egger)

² Returning to sport postnatal – Guideline (2019; Groom, Donelly& Brockwell)